Menschliche Nähe und Liebenswürdigkeit
Wissenschaftlerporträts von Gabriele Seitz in der ALTANA Galerie
Die Idee für das gegenwärtig laufende Projekt W.I.R. mit einer Ausstellung von Wissenschaftlerporträts in der ALTANA Galerie der TU Dresden hatte Prof. Dr. Elisabeth Knust, Direktorin des Max-Planck-Instituts und Honorarprofessorin für Entwicklungsbiologie an der TU. Sie und die Fotografin Gabriele Seitz hatten sich auf einer Vernissage in Hellerau kennen und schätzen gelernt. Innerhalb eines halben Jahres hat die Radebeuler Fotografin Gabriele Seitz mehr als 200 Wissenschaftler mit ihrer Canon-Analog-Kamera porträtiert: Männer und Frauen und Wissenschaftler-Familien, die in 11 Instituten, der TU und der SLUB wichtige wissenschaftliche Arbeit leisten und aus fast allen Ländern der Erde kommen. Der Wissenschaftsverbund ist auch unter dem Begriff „DRESDEN concept“ innerhalb der Excellence-Initiative der TU Dresden bekannt geworden. Inzwischen sind über 50 Prozent ausländische Wissenschaftler in den Instituten tätig. Die intensive Zusammenarbeit basiert auf einem gemeinsamen Nenner, den die Aussteller unter dem Motto „W.I.R.“ an die Öffentlichkeit tragen. Das Kürzel bezeichnet nicht nur das Wir als Wissenschaftsgemeinschaft sondern auch die sich dahinter verbergenden drei Begriffe World, Identity und Relations, die anzeigen, worum es den Veranstaltern geht: Um eine Integration aller Studierenden und Wissenschaftlern im Namen der Humanität und des friedlichen Miteinanders von Menschen aller Hautfarben und Nationen der Erde am Wissenschaftsstandort Dresden.
Auf drei Etagen haben die beiden Kuratorinnen Valentina Marcenaro (Italien) und Nazanin Zandi (Iran) die Ausstellung konzipiert und unter Mithilfe der Dresdner Grafikerin Kerstin Franke-Gneuß, Petra Seeck und der Fißler&Kollegen GmbH die Ausstellung aufgebaut. Eine Mammut-Arbeit. Die Projektleitung hatten die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Maria Obenaus und Gwendolin Kremer. Entstanden ist eine lebendige Fotografie-Ausstellung, denen Artefakte der jeweiligen Heimatländer sowie Kurzcharakteristiken der wissenschaftlichen Projekte zur Illustration des kulturellen und wissenschaftlichen Hintergrundes beigegeben wurden.
Größten Gewinn zieht der Betrachter aus der Authentizität der Porträts, ihrer liebevollen und sorgfältigen Präsentation in einem samtenen, sonoren und würdigen Schwarz-Weiß, das bis ins Detail Wirklichkeit und Imagination verbindet. Eine Reihe von Sitzenden, bei dem keines dem anderen gleicht, überzeugt ebenso, wie die Familienbilder oder die in freier Gestik präsentierten Personen, darunter einige Glanzpunkte von Seitz Fotografie wie das Bildnis von Prof. Dr. Gianaurelio Cuniberti (Italien) und Caterin Salas Redondo (Kolumbien). Ausstrahlung und Aura des Persönlichen erreichen in vielen Porträts eine besondere Intensität. Die Bilder zeigen eine Skala der Temperamente in ihrer vielfältigen anthropologischen Typisierung, sowie die ganz persönliche Erscheinung des Wissenschaftlers. Laboraufnahmen und Innenaufnahmen von den Instituten geben Einblick in die Arbeitsbereiche der Wissenschaftler.
Für alle beteiligten Personen galten die gleichen Bedingungen. Das Porträt wurde in einem neutralen Raum bei möglichst ähnlichen Lichtverhältnissen angefertigt. Pose und Einstellungen variierten je nach persönlichem Wunsch. Angesichts der Bilder spürt man, dass die Arbeit zwischen Fotografin und Modell nicht nur eine Frage von Licht und Schatten war, sondern vor allem eine menschliche Nähe und Zuwendung beinhaltete, die den ganzen Menschen in den Focus nimmt. Viele Einstellungen zeigen das Modell in seiner besten Verfassung, indem sie das Positive betonen und es in einer entkrampften Liebenswürdigkeit präsentieren, die das Markenzeichen von Gabriele Seitz Fotokunst ist.
Heinz Weißflog
Der Text erschien in Das Dresdner Stadtmagazin SAX 7/2016
Gabriele Seitz: W.I.R. World-Identity-Relations, Internationale Wissenschaft in Dresden; Porträtfotografie, Universitätssammlungen Kunst + Technik in der ALTANAGalerie der TU Dresden, 29.4.bis 5.8.2016